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08.10.2024

New Work

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New Work

Arbeit verändert sich. Maschinen nehmen uns Menschen körperlich anstrengende Aufgaben ab. Im Büro – und nicht nur dort – übernehmen Computer langweilige Routine-Aufgaben. Das eröffnet den Beschäftigten die Möglichkeit, sich sinnvolleren und herausfordernden Aufgaben zu stellen. Dafür müssen sich allerdings auch die Strukturen beim Arbeitgeber ändern. „Befehl und Gehorsam“-Hierarchien werden fragwürdig, dasselbe gilt für die Präsenzpflicht. Wovon sollten wir Abschied nehmen, wie wollen wir die neue Arbeitswelt gestalten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich New Work – und gibt Antworten.

Inhalt
1.   Was ist New Work überhaupt?
2.   Willkommen in der hybriden Arbeitswelt
3.   Gekommen, um zu bleiben: das Homeoffice
4.   Arbeitszeiten: die neue Flexibilität
5.   Employer Branding: Was erwarten Fachkräfte von ihrem Arbeitgeber?
6.   Das Büro neu denken
7.   Die Arbeit neu denken
8.   Führung neu denken

Unter unseren Artikeln finden Sie alle Informationen zu New Work

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1. Was ist New Work überhaupt?

Als New Work werden moderne Modelle vor allem der Büroarbeit bezeichnet, die mit traditionellen Formen der Arbeitsorganisation brechen. So hat sich „New Work“ zum Sammelbegriff für innovative Ansätze der Arbeitsgestaltung entwickelt. Ihr Ziel: Menschen arbeiten so, wie es für sie am sinnvollsten ist – und nicht, wie ein starres System es ihnen vorschreibt.

Geprägt hat den Begriff der austro-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann, der für New Work bereits im 20. Jahrhundert drei zentrale Werte herausstellte:
  • Selbstständigkeit
  • Freiheit
  • Teilhabe an der Gemeinschaft
Wie sich diese Grundwerte in vielerlei konkrete Ansätze ausdifferenzieren, stellen wir in den folgenden Kapiteln genauer vor. Einige davon werden vielerorts von Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen bereits umgesetzt. In der Praxis gibt es drei zentrale Stellschrauben:
  • Dezentrales Arbeiten ist möglich
    Präsenzpflicht ist längst keine Pflicht mehr. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können ihre Aufgaben auch im Homeoffice oder von unterwegs erledigen. Alles, was sie dafür brauchen, sind die technologische Ausstattung (etwa mit Laptop und Smartphone) und die digitale Anbindung an das Netzwerk ihres Arbeitgebers. Telefon- und Videokonferenzen ersetzen einen Großteil der Meetings und Dienstreisen. Das sorgt aufgrund der steigenden Flexibilität für eine bessere Work-Life-Balance.
  • Das Büro wird zum Ort des Austauschs
    Durch die Option des dezentralen Arbeitens werden die Büros leerer – aber nicht überflüssig: In der hybriden Arbeitswelt avanciert das Büro zum Ort des Austauschs. Triste Schreibtisch- werden ersetzt durch flexible Bürolandschaften für verschiedene Aufgaben: Telefonboxen für ungestörte Gespräche, Ruhezonen für hoch konzentriertes Arbeiten oder offene Bereiche für den gemeinsamen Austausch.
  • Coaching statt Kontrolle: die Rolle der Chefs
    Waren früher klare Hierarchien und ebenso klare Anweisungen die Regel, rücken im New Work die Selbstständigkeit und Eigeninitiative der Beschäftigten in den Fokus. Die Rolle der Führungskräfte besteht weniger in der Kontrolle ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als darin, ihnen das Erledigen ihrer Aufgaben zu ermöglichen. Das fordert nicht nur Chefs heraus, sondern auch ihre Untergebenen: Die können sich nicht darauf zurückziehen, Anweisungen zu erhalten und auszuführen.

Die Vorteile von New Work für Beschäftigte

  • Mehr Freiräume im Job
    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich besser entfalten, sich gezielt einbringen, eigene Ideen umsetzen, Verantwortung tragen und selbstständige Entscheidungen treffen, um das Unternehmen voranzubringen.
  • Der beste Vorschlag gewinnt
    Nicht der Chef entscheidet, denn er ist eher Coach. Eine transparente Kommunikation sorgt für einen offenen Austausch: Der beste Vorschlag gewinnt. So stärkt New Work das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
  • Work und Life in der Balance
    Durch das flexible und dezentrale Arbeiten lassen sich Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren. Gerade berufstätige Eltern können die neuen Optionen nutzen, um ihre Arbeitsweise an die Doppelbelastung anzupassen. So kann die Frage „Familie oder Karriere?“ umgangen werden, da beides gleichzeitig ermöglicht wird.
Gerade der letzte Punkt ist umstritten. Kritiker mahnen, dass durch New Work die Sphären „Beruf“ und „Privatleben“ miteinander verschmelzen. Für die Generation Y mag das stimmen (Stichwort „Work-Life-Integration“), die nachfolgende Generation Z allerdings beharrt auf einer strikten Trennung von Berufs- und Privatleben.

Die Vorteile von New Work für Arbeitgeber

Arbeiten, nur um Geld zu verdienen? Das reicht heute nicht mehr. Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen sinnvolle Aufgaben, ihr Engagement soll Resultate zeigen. Das geht übrigens vielen älteren Kolleginnen und Kollegen ähnlich. Wer sich ausgebremst sieht von starren Hierarchien und fehlender Wertschätzung, wird sich andernorts umsehen. Für den jeweiligen Arbeitgeber eine weitere Niederlage im „War for Talents“.

Wer seinen Fachkräften allerdings ein kreatives Umfeld mit spannenden Aufgaben bietet, wird mit Ergebnissen belohnt: mit klugen Ideen und innovativen Ansätzen. Beides garantiert nachhaltigen, da dauerhaften Erfolg.

2. Willkommen in der hybriden Arbeitswelt

In der hybriden Arbeitswelt gibt es keine Präsenzpflicht am festen Arbeitsplatz. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können mehr oder minder frei wählen, wann und wo sie ihre Arbeit erledigen. Angestellte arbeiten manchmal im Büro, manchmal im Homeoffice, manchmal unterwegs oder an anderen Orten (Mobile Working). Von wo sie auch arbeiten: Sie haben immer digitalen Zugriff auf alle benötigten Unterlagen. Die hybride Arbeitswelt löst Grenzen also zweifach auf:
  1. Räumlich: Gearbeitet wird im Büro, zu Hause oder an einem dritten Ort. Das ändert sich je nach der aktuellen Situation.
  2. Zeitlich: Das starre „Nine to Five“ wird aufgelöst. Die Beschäftigten erhalten mehr Flexibilität, wann sie ihre Aufgaben erledigen.
Flexibilität steht im Zentrum der hybriden Arbeitswelt. Lassen sich Arbeitgeber auf diese neue Welt ein, kommt ein erhöhter organisatorischer Aufwand auf sie zu. Denn wie diverse Umfragen bestätigen, wollen Angestellte gern im Homeoffice arbeiten – aber nicht ausschließlich. Das macht die Koordination für Arbeitgeber aufwendiger. Allerdings sparen sie Büroflächen, weil weniger Schreibtische und damit weniger Raum benötigt werden. So lassen sich Mietkosten sparen – oder das Büro der Zukunft (siehe Kapitel 6) lässt sich schon heute gestalten: als Ort des Austauschs und der Geistesblitze.

Hybrid dank Digital Workplaces

Die Kulturanthropologin Jitske Kramer bringt den Kern der hybriden Arbeitswelt anschaulich auf den Punkt: „Niemand wird sich mehr zwei Stunden in den Stau stellen, um im Büro Mails zu lesen.“ Das mit den Mails – und vielen anderen Aufgaben – lässt sich andernorts erledigen. Die Voraussetzung dazu: ein Digital Workplace. Er erlaubt es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, losgelöst von Arbeitsort und Tageszeit alle für sie relevanten digitalen Programme, Systeme und Tools sowie die Software zu nutzen, die sie zum Erledigen ihrer Aufgaben brauchen.
  • Digital Workplaces ermöglichen orts- und zeitunabhängiges Arbeiten. Das erlaubt den Einsatz von standortübergreifenden virtuellen Teams, auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice werden problemlos integriert. Dasselbe gilt für das Mobile Working, also wenn Angestellte unterwegs sind – etwa bei Kunden oder auf Veranstaltungen wie Messen.
  • Das Interesse an der Option „Homeoffice“ ist seit Corona deutlich gestiegen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben entdeckt, dass es ihnen leichter fällt, privates und berufliches Leben auszutarieren. Ein Digital Workplace im Homeoffice sorgt für ihre Anbindung. Zugleich steigern Arbeitgeber durch solche Angebote ihre Attraktivität für künftige Angestellte.
  • Dank der digitalen Prozesse lassen sich Aufgaben bequemer abarbeiten, was gerade administrative Tätigkeiten beschleunigt. Die Beschäftigten haben mehr Zeit, sich auf wertschöpfende Aufgaben zu konzentrieren.
Digital Workplaces fördern zudem den Informationsaustausch: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können ihr Wissen (und auch Dokumente) schnell und einfach mit anderen teilen, zusammen an Projekten arbeiten oder Online-Meetings durchführen.

Für die Arbeitgeber ergibt sich ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil: Durch ihre Offenheit für die hybride Arbeitswelt steigern sie im „War for Talents“ ihre Attraktivität für künftige Angestellte.

3. Gekommen, um zu bleiben: das Homeoffice

Ein Homeoffice ist ein Büro mit moderner IT-Ausstattung im eigenen Zuhause. In der hybriden Arbeitswelt ergänzt es den Arbeitsplatz im Büro beim Arbeitgeber. Je nach Abmachung wird tageweise, wochenweise oder – in Ausnahmefällen – komplett im Homeoffice gearbeitet.

Das Homeoffice braucht digitale Verlässlichkeit. Und das heißt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Sie brauchen
  • den Zugriff auf alle relevanten Daten – wie im Büro – und
  • eine technische Ausrüstung, die intuitiv verständlich und zu nutzen ist.

Telearbeit und die Arbeitsstättenverordnung

Die Anforderungen an ein Homeoffice gehen allerdings über die Ausstattung als Digital Workplace hinaus. Bei „Telearbeitsplätzen“, wie sie offiziell heißen, gelten das Arbeitsschutzgesetz und die Arbeitsstättenverordnung. Deshalb sind die Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass der Arbeitsraum mindestens 8 bis 10 Quadratmeter groß und der Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet ist. Die Schreibtischfläche sollte mindestens 160 mal 80 Zentimeter messen und ein höhenverstellbarer Bürostuhl mit neigbarer Rückenlehne sollte vorhanden sein.

Die Arbeitsgeräte werden gemeinhin vom Arbeitgeber gestellt und installiert. Die Rahmenbedingungen für die Arbeit im Homeoffice können in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geregelt werden.

Anders sieht es beim Mobile Working oder Remote Working aus, also beim Arbeiten von unterwegs. Da es kein Büro gibt, gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht. Ebenso wie im Homeoffice müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allerdings ihre Arbeitszeit erfassen.

Das Recht auf Homeoffice

Es gibt kein gesetzlich verankertes Recht auf Homeoffice. Ob das Arbeiten im eigenen Zuhause erlaubt oder überhaupt (wegen der technischen Ausstattung) möglich ist, muss mit dem Arbeitgeber geklärt werden.

Die Nachfrage der Angestellten nach dieser Form des flexiblen Arbeitens nimmt allerdings ständig zu. Das bringt Unternehmen in einen gewissen Zugzwang: Sie müssen die Option auf Homeoffice anbieten, um dringend benötigte Fachkräfte anzuziehen.

Diverse Studien belegen, dass die Mehrheit der Angestellten eine Balance zwischen Büro- und Homeoffice-Arbeit anstrebt. Sie haben zwei Lehren aus dem Arbeiten unter Corona-Bedingungen gezogen: Im Homeoffice lässt sich produktiv(er) und eigenverantwortlich(er) arbeiten. Führungskräfte machen ähnliche Erfahrungen: Sie stellen fest, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice produktiver und selbstständiger arbeiten als erwartet. Auch dank dieser Erkenntnis ist das Homeoffice kein Provisorium für pandemische Zeiten, sondern wird zum neuen New-Work-Standard in der hybriden Arbeitswelt.

4. Arbeitszeiten: die neue Flexibilität

In produzierenden Unternehmen sind die Arbeitszeiten häufig sehr strikt festgelegt. Sobald sich die eine Schicht verabschiedet, muss die nächste übernehmen – die Maschinen laufen schließlich weiter. Diese enge Taktung ist im Büro nicht notwendig. Trotzdem waren lange Beginn und Ende des Arbeitstags unverrückbar für alle gültig – egal wie sinnvoll oder unsinnig das im Einzelfall sein mochte.

Dieses strikte Reglement ist in den vergangenen Jahrzehnten ein wenig aufgeweicht worden. Heute sind zunehmend mehr flexible Arbeitszeiten möglich, die von einem vorgegebenen Rhythmus, etwa dem sprichwörtlichen „Nine to Five“, abweichen. Laut Definition gelten bereits alle vertraglichen Vereinbarungen, die von der sogenannten Normalarbeitszeit mit den drei Faktoren
  • 35 bis 40 Stunden wöchentliche Arbeitszeit
  • verpflichtend sind die fünf Werktage von Montag bis Freitag
  • der Arbeitsort ist immer identisch
in mindestens einem Punkt abweichen, als flexible Arbeitszeiten. Insofern gelten Teilzeitjobs ebenso wie Schichtdienst als „flexibel“. Im engeren Sinne gelten als flexible Arbeitszeiten vor allem:
  • Gleitzeit: Die Angestellten müssen zu einer bestimmten Kernzeit am Arbeitsplatz anwesend sein, der Rest der Arbeitsstunden kann eigenverantwortlich eingeteilt werden.
  • Funktionszeit: wie Gleitzeit, nur ohne Kernzeit. Ebenso wie bei Gleitzeit wird der aktuelle Stand (Unter- und Überstunden) auf einem Arbeitszeitkonto festgehalten.
  • Jahresarbeitszeit: Eine bestimmte Stundenanzahl muss während des Jahres absolviert werden. Wann wie viel gearbeitet wird, wird von den Angestellten frei entschieden.
  • Lebensarbeitszeit: Bei der Lebensarbeitszeit werden Überstunden auf einem Konto verbucht. Das Guthaben kann für ein Sabbatical oder den früheren Wechsel in die Rente genutzt werden.
  • Job Sharing als Variante der Teilzeitarbeit: Eine Aufgabe wird auf zwei (oder mehr) Angestellte verteilt, die selbst festlegen, wann sie arbeiten – zum Beispiel der eine vormittags, die andere nachmittags.
  • 4-Tage-Woche: Gearbeitet wird vier Tage am Stück, die nächsten drei sind frei. Inwieweit mit der Zahl der Arbeitstage auch die Zahl der Arbeitsstunden sinkt, wird individuell festgelegt.
  • Homeoffice: Die Angestellten müssen sich an- und abmelden, damit ihre Arbeitszeit erfasst wird. Wie sie diese Arbeitsstunden legen, entscheiden sie selbst.
  • Vertrauensarbeitszeit: Eine Aufgabe muss innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erledigt werden. Die dafür aufgewendete Stundenzahl wird nicht erfasst.

Vorteile und Nachteile der Vertrauensarbeitszeit

Bei der Vertrauensarbeitszeit steht die Erledigung vereinbarter Aufgaben über Zielvorgaben im Vordergrund. Festgelegt wird lediglich das Volumen der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit, nicht aber der Beginn und das Ende. Im Fokus steht nicht die Kontrolle der Arbeitszeiten, sondern das Vertrauen, dass die vereinbarten Aufgaben erledigt werden. Die Beschäftigten organisieren sich selbstverantwortlich, was Arbeitsort und -zeiten angeht. Die Vorgesetzten verzichten weitgehend auf die Kontrolle der Arbeitszeiten.

Zentrale Voraussetzung für die Einführung von Vertrauensarbeitszeit ist: Vertrauen. Führungskräfte müssen willens und fachlich in der Lage sein, das Arbeitsergebnis unabhängig von der Arbeitszeit objektiv in Menge und Qualität zu bewerten. Auf der anderen Seite müssen die Beschäftigten über ein hohes Maß an Selbstorganisation verfügen. Im Zusammenspiel beider Seiten braucht es Spielregeln, wie mit Überlastung bzw. mangelnder Auslastung umgegangen wird.

Für Arbeitgeber hat die Vertrauensarbeit zwar Vorteile:
  • Höhere Motivation der Beschäftigten durch Selbstbestimmtheit
  • Verbessertes Betriebsklima, Vertrauens- statt Kontrollkultur
Aber auch Nachteile:
  • Möglicher Kontrollverlust der Führungskräfte
  • Konflikte bei Überlastungssituationen
  • Erhöhter Koordinationsaufwand
Die Vorteile der Vertrauensarbeitszeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:
  • Hohe Zeitsouveränität
  • Eigenverantwortliche Gestaltung der Arbeitszeit und der Erholungszeiten
  • Vermeiden des Absitzens von Arbeitszeit, wenn keine Arbeit da ist
  • Bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
  • Kontrolliert wird die Arbeitsqualität statt der Arbeitszeit
Allerdings gibt es auch für die Beschäftigten durchaus Nachteile durch die Vertrauensarbeitszeit:
  • Abstimmung mit Kollegen ist schwieriger
  • Überdurchschnittliches Engagement wird weder wahrgenommen noch honoriert
  • Entgrenzte Arbeitszeiten – es droht die Gefahr der ständigen Erreichbarkeit
Eine Variante der Vertrauensarbeit kombiniert dieses Modell mit einer Kernzeit: Während bestimmter Zeiten müssen die Beschäftigten präsent oder zumindest erreichbar sein – ansonsten ist ihnen freigestellt, wann sie ihre Aufgaben erledigen.

Warum setzen sich flexible Arbeitszeiten durch?

Die Vorteile für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegen in einer besseren Work-Life-Balance: Berufs- und Privatleben lassen sich besser austarieren. Auch persönliche Vorlieben – „früher Vogel“ oder „Nachteule“ – lassen sich besser ausleben. Die Option, im Homeoffice arbeiten zu können, erspart zeit- und nervenraubendes Pendeln.

Auch Arbeitgeber haben Vorteile durch flexible Arbeitszeiten, sowohl durch die höhere Mitarbeiterzufriedenheit und potenziell sinkende Kosten für Büromiete (weil ein Teil der Angestellten im Homeoffice arbeitet) als auch durch die steigende Strahlkraft ihres Employer Branding.

5. Employer Branding: Was erwarten Fachkräfte von ihrem Arbeitgeber?

Employer Branding vermittelt die Marke eines Arbeitgebers. Unternehmen und andere Organisationen positionieren sich in der Außenkommunikation über bestimmte Werte und Einstellungen. Durch Employer Branding machen sich Arbeitgeber beim Recruiting attraktiv für künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit der Markenaufbau gelingt, muss die Positionierung glaubwürdig sein. Daher muss Employer Branding auch nach innen stimmig und überzeugend sein.

Ein authentisches Employer Branding lässt sich in drei Schritten aufbauen:
  • Die Analyse mündet in die Employer Value Proposition
    Der Markenaufbau beginnt mit einer Analyse: Was macht uns als Arbeitgeber aus, inwiefern sind wir besonders, welche Werte sind uns wichtig? Sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stolz auf ihren Arbeitgeber und warum? Was mögen sie, was stört sie? Was könnte künftige Angestellte anziehen, was abschrecken?

    In einer ehrlichen Analyse als „Nabelschau“ werden Stärken und Schwächen sichtbar. Die Stärken gilt es zu betonen (während gleichzeitig die Schwächen angegangen werden müssen). Aus den Stärken und den Unterschieden zu den Wettbewerbern wächst die Employer Value Proposition mit den Werten und Besonderheiten als Arbeitgeber.
  • Die Employer Value Proposition wird kommuniziert
    Selbst der beste Arbeitgeber findet keine Arbeitskräfte, wenn die nichts von ihm wissen. Daher ist es wichtig, die eigenen Werte und Stärken zu vermitteln. Dabei lohnt es sich, einen Kommunikationsplan zu erstellen, um die Zielgruppen dort zu erreichen, wo sie sich aufhalten. Social Media, die eigene Karriere-Seite und weitere Online-Medien sowie Messen und andere Events sind dafür besonders gut geeignet. Noch wichtiger als die Kanäle ist der Content: Welche Inhalte sollen wo wie vermittelt werden? Übrigens: Die besten Markenbotschafter sind die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ihre Glaubwürdigkeit ist nicht zu übertreffen.
  • Beschäftigte finden und binden
    Im dritten Schritt wird die Employer-Branding-Kommunikation eng mit dem Recruiting verzahnt. Da der Arbeitgeber mittlerweile – wenn alles geklappt hat – als attraktiv gilt, sollte es mit dem Anheuern von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Probleme geben.
Probleme gibt es allerdings, wenn sich die Realität zu sehr vom Image unterscheidet. In diesem Fall sind die neuen Arbeitskräfte schnell wieder weg. Fast 30 Prozent der Neueingestellten, die innerhalb der ersten 100 Tage wieder abspringen, nennen ein irreführendes Employer Branding als wesentlichen Grund für ihre Kündigung. Wer neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur finden, sondern langfristig binden will, muss daher die Werte und Stärken seines Employer Branding nicht nur behaupten, sondern leben.

Was die Generationen Y und Z erwarten

Ein attraktiver Arbeitgeber zeichnet sich dadurch aus, dass er ähnliche Werte hochhält wie die (künftigen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So mag ein Employer Branding, das „Wir lieben Disziplin und setzen auf starre Hierarchien“ transportiert, zwar authentisch sein – es kollidiert allerdings mit den Werten der umworbenen Fachkräfte. Diese stammen aus der Generation X (Jahrgänge 1965 bis 1980), vor allem aber aus der Generation Y (1980 bis Ende des Jahrhunderts) und der Generation Z, den heutigen Berufseinsteigern.

Die Generation X will sich durch berufliche Erfolge eine hohe Lebensqualität ermöglichen, daher gilt sie als ehrgeizig und ambitioniert, pragmatisch, zielstrebig und ergebnisorientiert: „Arbeiten, um zu leben“ – nicht umgekehrt. Im Arbeitsalltag schätzen die Menschen dieser Generation die Unabhängigkeit beim Gestalten ihrer Aufgaben, daher spielen flexible Arbeitszeiten und die Option auf Arbeit im Homeoffice für sie eine wichtige Rolle.

Für die nachfolgende Generation Y, die Millennials, haben Aspekte wie Sinn oder Selbstverwirklichung bei der Job- und Berufswahl eine deutlich größere Bedeutung. Die Arbeit soll zur Persönlichkeit passen. Stimmt die Passung, zeigt sich die Generation Y arbeitsfreudig, ehrgeizig und wissbegierig. Wichtig bleibt dabei, dass sie selbstbestimmt und flexibel agieren kann. Da die Millennials im Privatleben digital vernetzt sind, stellen sie vergleichbare Ansprüche an ihren Arbeitsplatz. Arbeiten im Homeoffice ist – zumindest als Option – für sie essenziell, flexible Arbeitszeiten werden als selbstverständlich vorausgesetzt. Stimmt das Umfeld nicht, wird schnell der Arbeitgeber gewechselt.

Noch höhere Ansprüche an Unabhängigkeit und persönliche Entfaltung stellt die Generation Z, die Jahrgänge so etwa ab 1995. Die Arbeit soll zur Persönlichkeit passen. Anders als die Vorgängergeneration trennt die Generation Z strikt Berufs- von Arbeitsleben. Flexible Arbeitszeiten und die Option auf Homeoffice (oder auch auf ein Sabbatical) werden als selbstverständlich vorausgesetzt, ebenso eine moderne technologische Ausstattung ihres Digital Workplace. Ebenso wie die Millennials wechseln sie bedenkenlos den Arbeitgeber, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden.

6. Das Büro neu denken

Wie also erfüllen Arbeitgeber die Erwartungen ihrer aktuellen und künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie „denken sie das Büro neu“? Es gibt zwei Ansätze: zum einen über die Architektur, zum anderen über die Arbeitsprozesse.

Architektur im Büro von morgen

Keine Bange: Die Büros werden nicht verwaisen. Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie lehren, dass sich im Homeoffice produktiv arbeiten lässt. Sie zeigen aber auch, wie viel an Miteinander, an Austausch und an Kreativität auf der Strecke bleibt, wenn man sich nicht regelmäßig persönlich sieht. Umfragen bestätigen, dass die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus gern ins Büro zurückkehrt – allerdings ungern fünf Tage die Woche.

Wenn immer nur ein Teil der Angestellten Präsenz zeigt, eröffnet das neue Optionen. Da Routine-Aufgaben im Homeoffice abgearbeitet werden, kann das Büro für sinnvollere Aufgaben genutzt werden. In der hybriden Arbeitswelt wird es zu einem Ort des Austauschs und der Kommunikation, in dem neue Ideen generiert und vorangetrieben werden. Um solche Ziele zu erreichen, muss sich das Aussehen der Räumlichkeiten verändern. Ein erster Ansatz ist das Desk Sharing: Es gibt weniger Schreibtische als Angestellte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben keinen personalisierten Arbeitsplatz, sondern wählen „ihren“ Schreibtisch täglich neu aus. Der wird abends leer und sauber hinterlassen. Personalisiert ist einzig der abschließbare Rollcontainer, der zum ausgewählten Schreibtisch gerollt wird.

Das ist allerdings nur der Auftakt für ein „Büro der Zukunft“. Darin weichen schmale Korridore und enge Räume endlich hellen und wandlosen „Open Space“-Konzepten. Ein weiterer Trend: verschiedene Räume für verschiedene Tätigkeiten. Gruppenarbeitsbereiche für die Teamarbeit, Sitzecken mit Lounge-Möbeln und Bistro-Tischen für das lockere Meeting. Es gibt Begegnungsorte zum Kennenlernen, Konzentrationszonen für die Einzelarbeit und sogar Telefonzellen für vertrauliche Gespräche. Genügend Platz ist vorhanden: Wenn immer ein Teil der Belegschaft im Homeoffice arbeitet, wird weniger Fläche für die klassische Schreibtisch-Stuhl-Computer-Kombination benötigt. Das schafft Raum für multimodale Lösungen, etwa mit klappbaren und rollbaren Möbeln.

Workflows im Büro von morgen

Die Präsenzpflicht ist out. Das mag noch nicht bei allen Chefs angekommen sein, doch die Mehrheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fordert einen Mix aus Büropräsenz und Homeoffice. Wie diese Mischung aussehen wird, muss jede Organisation, muss jedes Unternehmen individuell passend entscheiden. Doch das barsche „Nein“, das früher vielerorts auf jede Frage nach dem Homeoffice fiel, wird nur noch selten zu hören sein. Entweder weil die Führungskräfte sich den neuen Zeiten öffnen – oder weil die Angestellten ihr Glück andernorts suchen.

Damit diese neue, hybride Arbeitswelt funktioniert, braucht es allerdings flüssig laufende Prozesse. Dafür sorgen Digital Workplaces, bei denen die Beschäftigten problemlos auf alles zugreifen können, was sie für ihre Arbeit brauchen – egal wann, egal von wo. Wer das Büro ernsthaft „neu denken“ will, braucht deshalb digitale Prozesse, die überhaupt erst erlauben, sich von der Präsenzpflicht im Büro zu verabschieden.

Mit den passenden Workflows lassen sich auch neue, agile Formen des Arbeitens etablieren. Um Scrum, Kanban, Teamwork und Kollaboration geht es im folgenden Kapitel.

7. Die Arbeit neu denken

Organisationen haben Abläufe entwickelt, um funktionsfähig zu bleiben. Dazu zählen Hierarchien ebenso wie Planungen. Beides bleibt unverzichtbar auch in Zeiten, in denen sich die Geschäfts- und Marktverhältnisse schneller ändern als jemals zuvor. Allerdings kommen Unternehmen nicht drum herum, ihre Einstellung zu Hierarchien und Planungen zu überdenken. Denn sowohl starre Hierarchien als auch langfristige Planungen erschweren es, zeitnah zu reagieren, wenn sich die Umstände ändern. Je unflexibler sich ein Unternehmen zeigt, desto schneller kann es den Anschluss verlieren. Und das ist auf Dauer – tödlich.

Deshalb probieren Unternehmen nolens volens agiles Arbeiten aus. Unter diesem Schlagwort werden verschiedene Methoden zusammengefasst, um schnell und flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und Anforderungen zu reagieren. Agiles Arbeiten legt den Fokus auf Menschen und Kultur und verabschiedet sich von starren Prozessdenkweisen. Tempo ist entscheidend, um rasch Ergebnisse zu erzielen.

Wie geht agiles Arbeiten?

Im Kern geht es beim agilen Arbeiten darum, Menschen und Teams mehr Freiräume zu geben, damit sie möglichst rasch erfolgreich die gesetzten Ziele erreichen. Das erfordert in vielen Organisationen ein Umdenken, da sowohl strikte Kontrolle durch Führungskräfte als auch starre Gängelung durch bürokratische Prozesse die gewünschte Dynamik unterminieren. Damit tun sich viele Manager schwer, da damit ein Kontrollverlust verbunden ist. Solange selbstverantwortliches Agieren mit der etablierten Unternehmenskultur kollidiert, findet agiles Arbeiten vielerorts eher auf Projekt- und Versuchsbasis statt, als dass es als Standard etabliert wäre.

Wenn Unternehmen agiles Arbeiten einführen wollen, müssen sie daher die Voraussetzungen dafür schaffen, durch:
  • Eigenverantwortliches Arbeiten. Teams können nur agil arbeiten, wenn ihnen die nötige Verantwortung übertragen wird. Langwierige Abstimmungs- und Freigabeprozesse bremsen sie unnötig aus.
  • Ausgiebiges Kommunizieren. Eigenbrötlerei und agiles Arbeiten schließen sich aus. Alle im Team sollten ständig ihre Fortschritte und ihre Ideen mit den anderen Team-Mitgliedern austauschen.
  • Ein klares Leitbild. Agiles Arbeiten ist nie Selbstzweck. Die angestrebten Ergebnisse orientieren sich an den Werten und Zielen des Unternehmens.
  • Orientierung am Kunden. Was wollen unsere Kunden jetzt, was wollen sie morgen? Wer die Kundenwünsche kennt, kann vorausschauend handeln. Eine Option daher: Kunden aktiv mit einbeziehen!
  • Offenes Feedback. Agiles Arbeiten heißt auch: ständig nachjustieren. Offenes Feedback sorgt dafür, dass Probleme und anderer Handlungsbedarf frühzeitig adressiert werden.
  • Splitten der Projektschritte. Dynamik entsteht, wenn ein Projekt nicht als Riesenbrocken gesehen wird, sondern Teilschritte innerhalb einiger Tage oder Wochen zu bewältigen sind.
Agilität ist keine Technik, die sich durch Befehl von oben verbreitet. Im Gegenteil: Die Vorgesetzten müssen zurückstecken. Denn agiles Arbeiten als unternehmerisches Prinzip legt das Vertrauen in die Beschäftigten und ihre Fähigkeiten, um die gewünschte Schlagkraft und Schnelligkeit zu etablieren.

Entscheidungen fallen weniger dort, wo sich die hierarchisch-disziplinarische Macht konzentriert, als dort, wo das fachlich-prozessuale Know-how liegt. Die Abkehr von gewohnten Strukturen und Arbeitsweisen verlangt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenso wie Führungskräften viel Erneuerungsbereitschaft und Lernwillen ab: Agilität ist eine langfristige Transformationsaufgabe. Dabei helfen Methoden wie Kanban und Scrum.

So geht Kanban

Kanban ist eine in Japan entwickelte und heute weltweit genutzte Methode zum Steuern von Prozessen. Dabei werden die Prozesse mit ihren Abläufen und Aufgaben visualisiert, um Fortschritte und Probleme auf einen Blick zu erkennen. Zentrales Element der Methode ist eine Wandtafel, Kanban Board genannt. In ihrer Grundform ist die Tafel in drei Spalten aufgeteilt:
  • Aufgaben (To do)
  • Bearbeitung (Doing)
  • Erledigt (Done)
Jede Aufgabe wird (beispielsweise) mit Post-its je nach Bearbeitungsstand in die jeweilige Spalte eingetragen. Wenn sich der Bearbeitungsstand verändert, „wandert“ das Post-it in die jetzt passende Spalte. Im Idealfall erhalten alle Beteiligten eines Projekts jederzeit einen Überblick über den aktuellen Status:
  • Wer macht gerade was?
  • Wer ist wie weit?
  • Wo hakt es?
Durch das Kanban Board werden Workflows und mögliche Engpässe sichtbar. Vor allem der Bereich „Doing“ (Bearbeitung) wird häufig in verschiedene Spalten aufgeteilt, damit der jeweilige Bearbeitungsstand offensichtlicher wird und schneller auffällt, falls es nicht vorangeht. 

So funktioniert Scrum

Bei Scrum wird die Entwicklung des Projekts in kleine Schritte unterteilt, die „Sprints“ heißen und zwei bis vier Wochen dauern. So kann bei Problemen schnell nachjustiert werden. Scrum-Teams organisieren sich selbst und sind möglichst interdisziplinär zusammengesetzt.

Scrum verabschiedet sich von der Idee, einer vorher festgelegten Planung konsequent zu folgen. Stattdessen werden die Ziele während des Projekts – etwa durch entsprechendes Kundenfeedback – neu verhandelt. So erlaubt der Scrum-Ansatz ein schnelles und flexibles Eingehen auf sich verändernde Umstände.

Im Scrum-Projektmanagement gibt es drei unterschiedliche Rollen:
  • Das Team besteht aus zwei bis neun Personen, auf einen Projektleiter kann verzichtet werden.
  • Product Owner nehmen die Kundenperspektive ein.
  • Scrum Master übernehmen die Rolle der Moderatoren.
Das Team trifft sich zu Beginn des Arbeitstages zu einem höchstens viertelstündigen Meeting, in dem alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren aktuellen Stand der Dinge referieren. Die Anforderungen des nächsten Sprints werden im „Sprint Planning“ heruntergebrochen auf konkrete Aufgaben („Tasks“).

8. Führung neu denken

Laut Lexikon ist Führung eine „durch Interaktion vermittelte Ausrichtung des Handelns von Individuen und Gruppen auf die Verwirklichung vorgegebener Ziele“. Das klingt so sachlich-spröde, dass die meisten Manager sich gemeint fühlen werden. Anders bei der Definition des Management-Vordenkers Peter F. Drucker: „A leader is someone who has followers.“ Führung besteht also darin, Menschen zu führen.

Was selbstverständlich klingt, ist in der Praxis alles andere als selbstverständlich. Menschen führen zu können, wird als Qualität billigend in Kauf genommen („Ach ja, wie schön“), aber entscheidend ist sie selten. Und das wird gefährlich, weil sich die Zeiten geändert haben. Gespielte Allwissenheit und Durchsetzungsvermögen sind immer weniger gefragt, stattdessen müssen moderne Führungskräfte die Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen und gekonnt miteinander verknüpfen. Denn die erwarten, einbezogen zu werden. Und sie möchten für ihre Arbeit wertgeschätzt werden. Je qualifizierter eine Fachkraft ist, desto ungnädiger reagiert sie auf „Das haben wir schon immer so gemacht“-Sprüche. Und schaut sich anderswo um.

So fehlen dringend benötigte Fachkräfte – und aufgrund der starren Strukturen wird die Reaktionszeit im Unternehmen immer länger. Tödlich in diesen schnelllebigen Zeiten, in denen langfristige Pläne rasch obsolet werden. Heute geht es darum, Entscheidungen schnell zu treffen und umzusetzen. Das kann nur klappen, wenn anders entschieden wird – auf fachlicher Ebene. Die Vorgesetzten müssen also zurückstecken. Agiles Arbeiten als unternehmerisches Prinzip legt das Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und ihre Fähigkeiten, die gewünschte Schlagkraft und Schnelligkeit zu etablieren.

Die neue Rolle der Führungskräfte

Entscheidungen fallen weniger dort, wo sich die hierarchisch-disziplinarische Macht konzentriert, als dort, wo das fachlich-prozessuale Know-how liegt. Wer Agilität will, muss Kontrollverlust ertragen. Sie braucht flache Netzwerkstrukturen, die sich durch Transparenz und eine offene Fehlerkultur auszeichnen. Nur dann ist es möglich, Lösungen zügig zu entwickeln und im Sinne der Kunden kontinuierlich zu optimieren. Agile Prozesse werden durch interdisziplinäre Teams in Gang gesetzt, vorangetrieben und zum Abschluss gebracht. Die Rolle der Chefs verändert sich: Sie haben die Aufgabe, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen und eventuelle Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

So werden moderne Führungskräfte zu Navigatoren, die gute Teams zusammenstellen und die notwendigen Organisationsstrukturen schaffen. Sie vertrauen auf die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der direkte Vorteil: Wer sich nicht mehr auf Feuerwehreinsätze im operativen Geschäft einlässt, kann sich auf strategische Aufgaben konzentrieren. Denn Führung, neu gedacht, ist kein Selbstzweck: Ihre Qualität zeigt sich im Erfolg der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und damit im geschäftlichen Erfolg des Unternehmens.